Sanktionen im Sozialrecht: Was passiert, wenn Pflichten nicht erfüllt werden?
07. Mai 2025Was tun bei Kürzung des Arbeitslosengeldes? – Kennen Sie Ihre Rechte!
Im deutschen Sozialrecht sind Leistungen wie das Arbeitslosengeld I (ALG I), das Arbeitslosengeld II (ehemals Hartz IV, jetzt Bürgergeld) oder auch Sozialhilfe an bestimmte Mitwirkungspflichten der Leistungsberechtigten geknüpft. Wer diesen Pflichten nicht nachkommt, muss mit Sanktionen rechnen.
Die Kürzung des Arbeitslosengeldes ist für Betroffene oft existenzbedrohend – doch nicht jede Maßnahme der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters ist rechtmäßig.
In diesem Beitrag erfahren Sie, in welchen Fällen das Arbeitslosengeld gekürzt werden kann, wie Sie auf eine Kürzung reagieren sollten und welche Rechte Sie haben, wenn Sie mit einer Sperrzeit oder Sanktion konfrontiert werden.
Kann das ALG I gekürzt werden?
Ja, das Arbeitslosengeld I kann unter bestimmten Voraussetzungen gekürzt oder ganz gesperrt werden. Die häufigsten Gründe für eine Sanktion oder Sperrzeit sind:
- Eigenkündigung ohne wichtigen Grund
- Ablehnung eines zumutbaren Jobangebots
- Versäumnis von Melde- oder Beratungsterminen
- Nichtnachweis ausreichender Bewerbungsbemühungen
- Unzureichende Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt (z. B. wegen Teilzeitbeschäftigung)
Die rechtliche Grundlage für eine Sperrzeit beim ALG I ist § 159 SGB III. In der Praxis bedeutet das: Kommt es zu einem „versicherungswidrigen Verhalten“, darf die Agentur für Arbeit das ALG I für bis zu 12 Wochen sperren – bei wiederholtem Fehlverhalten sogar länger.
Kürzungsgründe im Detail
1. Arbeitslosengeld-Sperre bei Kündigung
Wer selbst kündigt oder durch ein Verhalten die Kündigung provoziert, riskiert eine Arbeitslosengeld-Sperre von bis zu 12 Wochen. Diese Maßnahme kann aber nur greifen, wenn kein „wichtiger Grund“ für die Kündigung vorliegt. Solche Gründe können z. B. Mobbing, gesundheitliche Einschränkungen oder eine unzumutbare Entfernung zum Arbeitsort sein. Oft wird hier vorschnell sanktioniert – juristische Prüfung lohnt sich!
2. Kürzung wegen zu weniger Bewerbungen
In der Eingliederungsvereinbarung mit der Agentur für Arbeit verpflichten sich viele Arbeitssuchende zu einer bestimmten Anzahl an Bewerbungen pro Monat. Wird diese Zahl nicht erreicht und fehlen triftige Gründe, kann das als mangelnde Mitwirkung gewertet und sanktioniert werden.
3. Kürzung wegen Teilzeitbeschäftigung
Wer nur in Teilzeit arbeiten möchte, obwohl eine Vollzeitstelle zumutbar wäre, kann ebenfalls mit Kürzungen konfrontiert werden. Entscheidend ist dabei, ob die Teilzeitwahl aus familiären, gesundheitlichen oder anderen anerkannten Gründen erfolgt.
4. Kürzung bei Abfindung
Erhält man im Zuge einer Kündigung eine Abfindung, kann dies zu einer Verschiebung des Bezugsbeginns vom ALG I führen. In manchen Fällen kann sich auch die Höhe oder Dauer der Leistung reduzieren.
Wann kann ich sanktioniert werden?
Grundsätzlich immer dann, wenn Sie gegen die Pflichten aus dem Sozialgesetzbuch verstoßen. Dazu zählen:
- Mitwirkungspflichten: z. B. Vorlage von Unterlagen, Teilnahme an Maßnahmen
- Meldepflichten: z. B. persönliche Vorsprachen oder Reaktion auf Einladungen
- Verhaltenspflichten: z. B. keine Arbeitsaufnahme ohne triftigen Grund ablehnen
Je nach Schwere des Verstoßes sind gestaffelte Kürzungen möglich: Bei einem erstmaligen Pflichtverstoß kann das Arbeitslosengeld um 10 % bis 30 % gekürzt werden, bei wiederholtem Verhalten auch mehr.
Was gilt beim Bürgergeld (ehemals ALG II)?
Auch beim Bürgergeld greifen Sanktionen bei Pflichtverletzungen. Seit 2023 wurden die Regelungen allerdings reformiert. Die Kürzungen sind nun milder:
- Erste Pflichtverletzung: Kürzung um 10 %
- Wiederholte Pflichtverletzung: Kürzung um 20 %
- Maximal darf eine Kürzung 30 % der Regelbedarfe betragen
Wichtig: Leistungen für Unterkunft und Heizung dürfen nicht gekürzt werden. Auch das Existenzminimum soll in jedem Fall gewahrt bleiben – Sanktionen dürfen daher nicht beliebig verhängt werden.
Wie kann ich gegen Sanktionen vorgehen?
Wenn Sie eine Sanktion oder Sperrzeit erhalten, ist schnelles Handeln gefragt. So gehen Sie am besten vor:
1. Bescheid prüfen lassen
Jede Kürzung muss durch einen schriftlichen Bescheid der Behörde erfolgen. In diesem muss klar aufgeführt sein, welche Pflicht verletzt wurde, welche Rechtsgrundlage greift und welche Dauer die Sanktion hat. Oft sind diese Bescheide fehlerhaft oder unvollständig – lassen Sie diese von einem spezialisierten Anwalt prüfen.
2. Widerspruch einlegen
Gegen einen Bescheid können Sie innerhalb von einem Monat Widerspruch einlegen. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann im nächsten Schritt Klage beim Sozialgericht eingereicht werden.
3. Einstweiligen Rechtsschutz beantragen
Bei besonders schweren Kürzungen (z. B. komplette Leistungseinstellung) besteht die Möglichkeit, per einstweiliger Anordnung vorläufige Leistungen durch das Sozialgericht zu erstreiten – damit die Existenz gesichert bleibt, bis über die Hauptsache entschieden wird.
Rechte kennen – Nachteile vermeiden
Viele Betroffene wissen nicht, dass Sanktionen nicht automatisch gerechtfertigt sind. Es gibt zahlreiche Urteile, in denen Sozialgerichte Sanktionen wieder aufgehoben haben – etwa weil sie unverhältnismäßig oder formell rechtswidrig waren.
Ein Beispiel: Ein Betroffener hatte seine Eigenkündigung mit unzumutbaren Arbeitsbedingungen begründet – die Agentur für Arbeit erkannte dies jedoch nicht an und verhängte eine Sperrzeit. Das Sozialgericht hob die Sanktion später auf, weil die individuelle Belastung des Klägers nicht ausreichend gewürdigt wurde.
Fazit: Lassen Sie sich nicht alles gefallen
Sanktionen im Sozialrecht können gravierende Auswirkungen auf die finanzielle Lebensgrundlage haben. Ob Sperre bei Kündigung, Kürzung wegen Bewerbungsversäumnis oder Verzögerung durch Abfindung – nicht jede Maßnahme der Behörden ist rechtmäßig. Sie haben das Recht, sich zu wehren!
Ich setze mich für Ihre Rechte ein
Wenn Ihnen das Arbeitslosengeld gekürzt wurde oder eine Sperrzeit droht, lassen Sie sich nicht einschüchtern. Rufen Sie mich gerne für ein unverbindliches Erstgespräch rund um Sanktionen im Sozialrecht an. Gemeinsam prüfen wir, ob sich ein Widerspruch oder eine Klage lohnt – und wie Sie zu Ihrem Recht kommen.